Wenn ein Zeuge in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, sind seine früheren Vernehmungen grundsätzlich nicht verwertbar. Der Zeuge kann jedoch erlauben, dass trotz der Geltendmachung seines Zeugnisverweigerungsrechts frühere Vernehmungen verwertbar bleiben. Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden (1 StR 222/23), dass der Zeuge diese Zustimmung jedoch nicht auf eine einzelne Vernehmung beschränken kann. Wenn der Zeuge einzelne Vernehmungen ausschließen will, gilt das Verwertungsverbot für alle (nichtrichterlichen) Vernehmungen des Zeugen. Eine Aufteilung der Zustimmung ist somit laut BGH nicht möglich.

Bildung einer Gesamtstrafe muss gesondert begründet werden

Wie der Bundesgerichtshof kürzlich festgestellt hat (5 StR 134/23), ist die Gesamtstrafenbildung ein gesonderter Strafzumessungsvorgang, der einer Begründung bedarf. Auch der Vollstreckungsstand einzubeziehender früherer Verurteilungen muss erkennbar sein, um eine mögliche Zäsurwirkung kenntlich zu machen.

Geldstrafe: Woraus ergibt sich die Höhe der Tagessätze?

Die Geldstrafe berechnet sich grundsätzlich aus der Tagessatzanzahl und der Tagessatzhöhe. Die Höhe eines Tagessatzes soll (vereinfacht dargestellt) etwa 1/30 des Nettomonatseinkommens betragen. Wenn das Gericht das Nettoeinkommen nicht kennt, muss es dieses schätzen. Fehlt in den Urteilsgründen die Darlegung der Schätzgrundlage, ist das Urteil angreifbar (202 StRR 76/23).

Urteilsgründe müssen verständlich und überprüfbar sein

Wie aus § 267 I S.1 StPO hervorgeht, muss eine Überprüfung des Urteils anhand der schriftlichen Urteilsgründe möglich sein. Verweisungen oder Bezugnahmen sind daher nur in engen Grenzen möglich. Wenn die Feststellungen oder Würdigungen nicht aus dem Urteil selbst überprüfbar sind, kann das Urteil keinen Bestand haben (2 StR 215/23).

Zustellung an Scheinwohnsitz?

Eine wirksame Zustellung kann zwar auch an einem Scheinwohnsitz erfolgen (§ 37 I StPO, § 180 ZPO). Dies ist jedoch laut 12 Qs 66/23 nicht der Fall, wenn es sich um eine bereits aufgegebene Wohnung handelt – selbst dann, wenn dem Gericht ein neuer Wohnsitz trotz Bewährungsweisung nicht mitgeteilt wurde.

Durchsuchung wegen anonymem Hinweis?

Für die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung per Beschluss reicht grundsätzlich ein einfacher Anfangsverdacht aus. Auch ein anonymer Hinweis kann hierfür genügen. Allerdings ist dann eine besondere Prüfung erforderlich, da niemand für kritische Nachfragen zur Verfügung steht und Verantwortung für die Behauptung übernehmen will. Nach 12 Qs 23/23 ist es notwendig, dass der Hinweis eine besondere sachliche Qualität aufweist und schlüssiges Tatsachenmaterial enthält.